Mittwoch, 9. April 2008

Polykarp und scheinbare Kleinigkeiten

Ziemlich beeindruckt hat mich gestern das Zeugnis des Polykarp aus dem 2. Jahrhundert.

Wikipedia sagt, ich kann dem Text vertrauen, der ist "als eine der ganz wenigen als echt geltenden zeitgenössischen Beschreibungen einer Christenverfolgung [...] auch historisch von Interesse." Wahrscheinlich ist er auch glaubhafter als Wikipedia, aber wer weiß das schon. ;)

"Einer aber [...] geriet in Angst beim Anblick der Bestien. Gerade er war es, der sich freiwillig dem Gerichte gestellt [...] hatte. Ihn bewog der Prokonsul durch wiederholtes Zureden zu schwören und zu opfern. Darum, Brüder, loben wir nicht die, welche sich selbst darbieten; so lehrt auch nicht das Evangelium."
Märtyrer waren also nicht alles nur lebensmüde Masochisten (wie es ja hätte sein können, ich hab die Theorie schon ernsthaft gehört) und sollten es auch nicht sein. Deswegen ist es auch nicht erstrebenswert, nach China zu gehen und zu hoffen, dass man dort dann im Gefängnis sitzen darf, nett gefoltert wird und schließlich zum Märtyrer oder doch zumindest zum Bekenner wird. Auch wenns einem vielleicht manchmal aus der Entfernung cooler vorkommt, als hier im langweiligen Deutschland zu leben, wo man als Christen weder verfolgt noch sonstwie für wichtig gehalten wird.

Treue ist viel wichtiger, und die kann man auch hier leben. Oder zumindest, sich darum bemühen. Das kann man immer, aber leicht ist es nicht.
"Fluche Christo!" hieß es bei Polykarp, und er ließ sich lieber umbringen als das: "Sechsundachtzig Jahre diene ich ihm, und er hat mir nie ein Leid getan; wie könnte ich meinen König und Erlöser lästern?"

Polykarp ist damit wichtig und berühmt geworden, aber es war nicht nur der eine Satz. Das hat ganz klein angefangen, noch nicht einmal mit den ganzen 86 Jahren auf einmal, sondern mit vielen kurzen Augenblicken. Mit den ganz kleinen Entscheidungen, wo man sich denkt, darauf kommt es nun doch nicht an. Ich zumindest kenn viele davon. Wenns drauf ankäme, würd ich mich dafür foltern lassen, theoretisch; aber da es ja niemanden interessiert, bin ich dann doch zu bequem und lass es mir nicht wirklich viel kosten.


Was ich nebenbei auch interessant fand, zum Thema Heiligen- und Reliquienverehrung: Anscheinend gab so früh schon Probleme, das zu begründen, und die Leute verstanden es einfach nicht. Erinnert mich irgendwie an manche Diskussionen mit Nichtkatholiken ;)

"daß wir seine Überbleibsel nicht davontragen sollten, obschon viele dies zu tun [...] begehrten. [Man ersuchte den Prokonsul,] er möge seinen Leib nicht herausgeben, damit sie nicht - das sind seine Worte - den Gekreuzigten verlassen und diesen anzubeten anfangen. [...] sie begreifen nicht, daß wir Christus niemals verlassen werden, [...] und daß wir auch keinen andern anbeten können. Denn ihn beten wir an, weil er der Sohn Gottes ist. Den Zeugen aber erweisen wir als Schülern und Nachahmern des Herrn gebührende Liebe wegen ihrer unübertrefflichen Zuneigung zu ihrem König und Lehrer. Möchten doch auch wir ihre Genossen und Mitschüler werden!"

Trackback URL:
https://elein.twoday.net/stories/4846026/modTrackback

Archiv

April 2008
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 1 
 2 
 3 
 4 
 6 
 7 
 8 
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
 
 
 
 
 

neueste Kommentare

Suche

 

RSS


Creative Commons License

xml version of this page

AMICUSSE ET AMATOREN VOLO
CORAM PUBLICO
DELIBERO MEDITARI ORATIONES
DENKARIUM
DIFFICILE EST SATIRAM NON SCRIBERE
DUCTUS TEMPORE QUAERO
EGO
EX VITA
FERO RELATUM
FORTIS EST VERITAS
GAUDEAMUS IGITUR
HORRIBILE DICTU
IN PECTORE
INTERRETICULO
INVENTUM NEVE
NOMEN EST OMEN
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren